Es war ein beklemmender Gang an jenem Tag, als Georg Öfferl nachdenklich durch die familieneigene Bäckerei schritt und deren Zustand begutachtete. „Lass es sein Bub, übernimm den Betrieb nicht, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache“, versuchten Mutter und Großmutter ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Doch die Entscheidung war trotz fehlender Kaufkraft längst gefallen. Er wollte in dritter Generation den Betrieb vor dem drohenden Aus bewahren, wohlwissend, welch Arbeitsaufwand damit verbunden war. Schließlich war er es, der sich als Kind frühmorgens in die Bäckerei schlich, um den Eltern beim Anrühren des Brotteiges zu helfen. Sah die Schufterei, wuchs damit auf, musste selbst mitanpacken, wenn ein Geselle kurzfristig ausfiel und entschied sich nach diesen Erfahrungen vorerst strikt gegen diesen Brotjob. Stattdessen reifte nach bestandener Matura und angefangenem Studium der Wunsch heran, die Karriereleiter in der Automobilindustrie empor zu steigen. Den Posten als Zweitgereihter schon in greifbarer Nähe, flatterte letzten Endes doch eine Absage ins Haus.
„Jedes Mal, wenn wir ein Brot verkaufen, haben wir ein Stück weit nachhaltige Landwirtschaft unterstützt, das ist unser Anspruch. Und daran wird sich auch nichts ändern.“
„Was meinst du Lukas? Steigst du bei mir ein, machen wir was Gescheites draus?“ Lukas musste nicht lange überlegen, kündigte seinen Job als Technischer Zeichner und stand drei Tage später bereits in der Backstube.
Mit Volldampf voraus
So kam der eine Gedanke, der bereits unbemerkt in Georg schlummerte, mehr und mehr an die Oberfläche. Immerhin achtete er als Hobbysportler auf eine ausgewogene Ernährung und kreierte bereits mittels eigener Rezeptur gesundes Dinkelbrot. Die Infrastruktur war ohnehin vorhanden. Und als eines Abends sein Cousin Lukas Uhl in der Backstube aushalf, platzte es aus Georg heraus: „Was meinst du Lukas? Steigst du bei mir ein, machen wir was Gescheites draus?“ Lukas musste nicht lange überlegen, kündigte seinen Job als Technischer Zeichner an einem Mittwochabend und stand drei Tage später bereits in der Backstube. Beide absolvierten sie nach und nach die Ausbildung zum Bäckermeister an der Meisterschule für Müller, Bäcker und Konditoren in Wels. Unter den findigen Augen von Lehrer Erwin Heftberger erlernten beide das Handwerk von Grund auf, hantierten mit Sauerteig, nahmen einzelne Getreidesorten genau unter die Lupe und stellten wissbegierig Fragen über Fragen über Fragen. Die letztlich zu Antworten und einem neuen Konzept für die eigene Bäckerei führten. Der Weg war beiden klar: Weg vom Einheitsbrei und den ohnehin viel zu teuren Fertigmischungen, hin zu regionalen Produkten mit eigens kreierten Rezepturen. Kein Stein blieb in der Dampfbäckerei Öfferl auf dem anderen, langjährige Mitarbeiter mussten überzeugt, neue lokale Lieferanten gefunden werden. Und schließlich fügte sich alles zusammen. Nur ein alter Herr durfte so bleiben, wie er war: Der Dampfbackofen, den schon der Großvater bei der Eröffnung im Jahr 1968 in Verwendung hatte. Mit seiner Hilfe werden noch heute knusprige, vollmundige Köstlichkeiten gebacken, die mit knackiger Kruste, flaumiger Krume und klingenden Namen a la „Madame Crousto“, „Robert de Vino“ oder „Meister Wenzl“ nicht nur die Bewohner von Gaubitsch überzeugen, sondern schon längst Einzug in den besten Wiener Adressen gehalten haben. Handgemacht versteht sich. Jede Semmel, jeder Laib Brot ist ein Individuum. Aufgrund der steigenden Nachfrage eröffnet demnächst eine Zweigstelle in der Wiener Innenstadt.
„Bio ist unser Standard – Demeter das Ziel“
Die Rohstoffe für ihr Brot kaufen Georg und Lukas nicht über den Großhandel, sondern ausschließlich von lokalen Produzenten im Umkreis von 30 Kilometern: „Das Weinviertel ist für uns die Kornkammer Europas.“ Das liegt einerseits am Pannonischen Klima, andererseits an den gesunden Böden. Und an den Landwirten, die wissen, wie man mit dieser Mischung umgeht. Wie Martin Allram. Er ist einer der Getreidelieferanten und auf Bio-Urgetreidesorten spezialisiert. Urgetreide wird meistens im Vollkorn verarbeitet und hat mehr Gehalt als ein ausgesiebtes Mehl. Getreide ist nicht gleich Getreide, wie die beiden Bäckermeister wissen: „Ein Waldstaude-Roggensauerteig verhält sich intensiver im Geschmack als ein normaler Roggen-Sauerteig. Emmer geht in die nussige Richtung, Einkorn lehnt sich wiederum am Dinkel an.“ Allen Unterschieden zum Trotz ist klar: Bioware ist eine Grundvoraussetzung für Georg und Lukas, „Demeter ist das Ziel“. Denn beide sind sich einig: „Hinter unseren Produkten stehen ehrliche Charaktere, das ist uns enorm wichtig.“ Letztlich zählt der Geschmack des Brotes an sich. Die Rohstoffe müssen gesund wachsen, die Qualität muss gewährleistet bleiben. „Jedes Mal, wenn wir ein Brot verkaufen, haben wir ein Stück weit nachhaltige Landwirtschaft unterstützt, das ist unser Anspruch. Und daran wird sich auch nichts ändern.“
Bei Öfferl wird alles mit Hand gebacken. Egal ob Rohmilch-Semmerl, Madame Crousto oder Mohnstrudel. Darum gleicht auch kein Produkt dem anderen und jedes bekommt seinen ganz eigenen Charakter.
Das Team rund um Georg und Lukas bettet mehrmals täglich alle Backwaren händisch zum Ruhen um und schlichtet sämtliche Mehlsäcke selbst ein. Handwerk pur!