Dorothy Khadem-Missaghs Heimatort ist eine Stadt, wo die Klassik allgegenwärtig ist – nämlich Baden bei Wien. Kaiser und Könige waren regelmäßig in dem Kurort zu Gast, große Komponisten verlebten dort ihre Sommerfrische. Ebendort wuchs Dorothy Khadem-Missagh in einem Haus voller Musik auf und lauschte schon als kleines Mädchen den Klängen ihres Vaters und ihrer älteren Geschwister, die allesamt Geiger sind. Schon bald war sie ebenfalls von dem Gedanken erfüllt, ein Instrument zu lernen. „Meine Eltern ermöglichten mir einen ungezwungenen Zugang zur Musik, ich konnte mich an verschiedenen Instrumenten probieren.“ Eines eroberte sofort ihr Herz: das Klavier. Mit drei Jahren erhielt sie ihren ersten Musikunterricht und ehrgeizig, wie sie war, stand bald ein Werk von Johann Sebastian Bach am Programm. „Damals konnte ich noch keine Noten lesen, der Unterricht war sehr spielerisch. Meine Hände waren noch sehr klein, aber mein Wille war so stark, dass ich das Stück letztlich spielen konnte.“ Dieses erfüllende Gefühl, sein Ziel nach einem langen Arbeitsprozess erreicht zu haben, begleitet sie bis heute. Denn dort werden Emotionen frei, die man nur schwer in Worte fassen kann. „Es setzt jedoch erst ein, wenn man das erarbeitete Werk schließlich mit einem Publikum teilen kann. Ich glaube, es ist eine besondere Erfahrung, bereits als Kind das Erlebnis zu spüren: Wie es sich anfühlt, wenn sich ein Publikum formiert, das einem in diesem Moment das Gehör schenkt, und man weiß, jetzt spricht man durch die Musik zu ihm. Diese Verbindung, die dabei entsteht, ist und bleibt einzigartig.“
„Die Musik öffnet mir Türen und Tore, sie verbindet mich mit Menschen.“
„Es ist eine besondere Erfahrung, zu spüren wie es sich anfühlt, wenn sich ein Publikum formiert, das einem in diesem Moment das Gehör schenkt, und man weiß, jetzt spricht man durch die Musik zu ihm. Diese Verbindung, die dabei entsteht, ist und bleibt einzigartig.“
Auf die Bühnen der Welt – und wieder retour
Im Alter von sechs Jahren erfolgte die Aufnahme an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Ihre aufstrebende Karriere führte die Pianistin mindestens einmal rund um die Welt und auf die internationalen Konzertpodien. „Die Musik öffnet mir Türen und Tore, sie verbindet mich mit Menschen, ich schätze diese Begegnungen. Die Sprachen, Kulturen und Menschen in den verschiedenen Ländern der Welt stellen für mich eine unglaubliche Bereicherung dar.“ Eines jedoch bleibt überall gleich, egal ob Dorothy Khadem-Missagh auf einer Bühne in Europa, Asien oder Amerika steht: „Der Moment des Verstehens. Musik ist eine Sprache, die keiner Übersetzung bedarf, sie geht von Herz zu Herz.“
Kraftorte und Inspiration
So gern Dorothy Khadem-Missagh die Musik in die Welt hinausträgt, so gerne fährt sie von Konzertreisen dann aber auch wieder nach Hause. Daheim ist sie in Niederösterreich an vielen Orten. Abgesehen von Baden, wo sie aufgewachsen ist, sind für sie auch das Waldviertel oder das Festspielhaus St. Pölten mit vielen musikalischen Erlebnissen verbunden: „Schon als Kind durfte ich meinen Vater, der über vierzig Jahre Konzertmeister des niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters war, im Festspielhaus St. Pölten hinter die Bühne begleiten. Hier habe ich viele, viele Stunden verbracht und der Musik gelauscht. Hier habe ich übrigens auch einen meiner ersten wichtigen Wettbewerbe, den größten österreichischen Jugendwettbewerb „prima la musica“, gewonnen!“ Das Heimkommen nach Niederösterreich bedeutet auch immer: ab in die Natur. „Es ist so schön bei uns. Die Natur hier hat eine unglaubliche Kraft: Man kann herrlich loslassen und entspannen und gleichzeitig ist das Spazieren gehen und im Grünen sein eine unglaubliche Inspirationsquelle. Draußen tanke ich immer wieder Kraft für meine Auftritte auf.“
Beethoven forever
Auch ein großer Spaziergänger und Naturliebhaber war erwiesenermaßen ein gewisser Ludwig van Beethoven. Der berühmte Komponist liegt Dorothy Khadem-Missagh besonders am Herzen. „Als Pianistin ist für mich seine Klavierliteratur essenziell. Er war ein Revolutionär, sowohl in der Musik als auch in der Denkweise.“ Ihm zu Ehren hat sie ihr eigenes Festival gegründet, den Beethoven Frühling. An den Orten in Niederösterreich, an denen Beethoven gelebt und komponiert hat finden die Konzerte alljährlich zur erblühenden Jahreszeit statt. Von Gneixendorf bei Krems bis Wiener Neustadt und von Baden bis zu Heiligenstadt (das zu Beethovens Zeit auch noch zu Niederösterreich gehörte!) werden diese ganz besonderen Beethoven-Orte, die den großen Komponisten der Klassik so inspirierten, zum Klingen gebracht. „Durch die Auseinandersetzung mit Beethovens Geschichte habe ich aber auch einen Komponisten entdeckt, der völlig in Vergessenheit geraten war: Karl Traugott Zeuner.“ Ein Werk von ihm hat Dorothy Khadem-Missagh als Weltpremiere auf ihrer neuen CD eingespielt.
Erfahrungen sind der Vielklang des Lebens
Das Suchen und Entdecken von Neuem und das Bedürfnis, diese Neuigkeiten auch in die Welt hinauszutragen sind zwei Dinge, die Dorothy Khadem-Missagh auch als Menschen ausmachen. Die vielfach ausgezeichnete Musikerin ist ein großer Fan der sozialen Netzwerke. Auf Instagram und Facebook gewährt sie ihren Followern einen spannenden und oft auch humorvollen Blick hinter die Kulissen des Lebens auf der Bühne. „Ich möchte gerne die Menschen an meinen so unterschiedlichen Erfahrungen teilhaben lassen. Sie machen ja auch den Reichtum eines Lebens aus. Es ist mit den Erlebnissen und Erfahrungen gleich wie mit der Fülle der Musik: Man nimmt vielleicht nicht jeden einzelnen Ton, den ein Musiker erzeugt gleich stark wahr. Und doch ist kein einziger entbehrlich, um letztlich den Vielklang, die Harmonie entstehen zu lassen.“
Dorothy Khadem-Missagh ist mehrfache Preisträgerin des Internationalen Beethoven Wettbewerbs Bonn. Mit drei Jahren erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht, im Alter von sechs Jahren erfolgte die Aufnahme an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Sie prägt der besondere Wiener Klang, den sie als Bösendorfer Artist weiterpflegt. Aus Anlass des Beethoven-Jubiläumsjahres 2020 hat sie das Festival Beethoven Frühling ins Leben gerufen, das an besonderen Beethoven-Orten in Niederösterreich und Wien stattfindet.